Nominiert für den Deutschen Zukunftspreis 2023
Viele Industriebranchen benötigen für die Herstellung ihrer Produkte große Mengen an Wärme, die bislang vor allem aus Erdgas erzeugt werden. Doch die Versorgung mit diesem wichtigen Energieträger stand nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine und dem Ende der Lieferungen aus Russland für einige Zeit auf unsicheren Beinen – eine Gefahr für viele Wirtschaftsbranchen. Das hat gezeigt: Die beste Versicherung gegen mögliche Versorgungsengpässe bietet kurzfristig eine deutliche Verringerung des Erdgasverbrauchs bringen. Langfristig ist das Ziel, bei der Versorgung mit sogenannter Thermoprozesswärme weg von fossilen und hin zu erneuerbaren Energieträgern zu gelangen – auch um die Emission von Treibhausgasen zu vermeiden. Wie lassen sich diese Herausforderungen möglichst rasch und reibungslos meistern?
Die drei Nominierten haben ein System geschaffen, das die Grundlage dafür liefern kann. Sie entwickelten einen Brenner, der die für unterschiedliche industrielle Anwendungen benötigte Wärme aus Erdgas wesentlich effizienter und damit sparsamer bereitstellen kann als mit herkömmlichen Geräten. Dadurch lässt sich auch der Ausstoß von klimaschädlichem CO2 sowie umwelt- und gesundheitsschädlicher Stickoxidverbindungen wesentlich verringern. Zudem bietet das System die Möglichkeit, nicht nur Erdgas, sondern auch andere Gase als Brennstoff zu nutzen – insbesondere Wasserstoff, der als ein Schlüsselelement für die weitere Energiewende gilt.
Thermoprozessanlagen sind geschlossenen Industrieöfen, in denen Produkte oder Werkstoffe bei hohen Temperaturen hergestellt oder wärmebehandelt werden. Sie sind in vielen Branchen unverzichtbar. Besonders viel Prozesswärme benötigen unter anderem Zementwerke, Glashütten, chemische Produktionseinrichtungen und die Stahlherstellung. Um die Wärme zu erzeugen, wird bislang meist Erdgas verbrannt. Die damit arbeitenden Unternehmen gehören nicht nur in Deutschland zu den größten Abnehmern dieses fossilen Rohstoffs. Würde er nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, könnte das zu Produktionsausfällen führen und einen enormen wirtschaftlichen Schaden anrichten. Allein deshalb erscheint es geboten, den Bedarf an Brennstoff für die Prozesswärme so gering wie möglich zu halten. Eine hocheffiziente Brennertechnologie kann dafür die Grundlage liefern. Hinzu kommt, dass ein geringerer Erdgasverbrauch auch klimaschädliche Emissionen reduziert, die durch die Verbrennung entstehen. So lässt sich ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Mit dem Rekuperatorbrenner iRecu® haben die drei Nominierten ein System entwickelt, das sich für die meisten industriellen Anwendungsbereiche in der Thermoprozessindustrie eignet. Wo es zum Einsatz kommt, senkt es den Bedarf an Erdgas – und damit die CO2-Emissionen – im Vergleich zu herkömmlichen Brennern um 12 bis 50 Prozent. Zudem reduziert es auch den Ausstoß von Stickoxiden, in der Chemie als NOx bezeichnet, teils um mehr als die Hälfte. Diese chemischen Verbindungen, die beim Erzeugen von Thermoprozesswärme in normalen Brennern in erheblichen Mengen entstehen, tragen maßgeblich zur Belastung der Luft bei. Sie gelten daher als gesundheitsschädlich.
Der Grund für die im Vergleich dazu geringen klima-, umwelt- und gesundheitsschädlichen Emissionen des neuen Systems liegt in dessen hohem Wirkungsgrad. Dieser wiederum wird durch eine besonders wirkungsvolle Rückgewinnung von Wärme aus den Abgasen der Verbrennung erreicht – und ist das Ergebnis einer Kombination mehrerer Innovationen. Dazu gehört die Verwendung eines Wärmetauschers mit dreifach-periodischer Minimaloberfläche – einer mathematisch komplexen Struktur, die eine besonders effiziente Energieübertragung unterstützt. Außerdem enthält der iRecu eine neuartige Gas-Luft-Mischeinheit. Sie ist dafür zuständig, die an der Reaktion im Brenner beteiligten Gase gleichmäßig zu verteilen und so eine exakt dosierte und schadstoffarme Verbrennung zu gewährleisten. Als weitere Neuerung werden alle, teils sehr komplexen Bauteile per 3-D-Drucker hergestellt. Das ermöglicht es, jede denkbare Gestalt der Brennerkomponenten zu fertigen – angepasst an die jeweiligen betrieblichen Anforderungen. Auf diese Weise lassen sich bestehende Anlagen innerhalb weniger Wochen und zu überschaubaren Kosten auf die moderne Technologie umrüsten.
Schließlich nutzt das von dem Team bei Kueppers Solutions geschaffene System eine sogenannte Dual-Fuel-Technologie. Sie ermöglicht es, industrielle Prozesswärme nicht nur aus Erdgas zu gewinnen, sondern beispielsweise auch aus Biogas oder Wasserstoff. Die Brennstoffe lassen sich entweder in Reinform oder als Gemisch mit beliebiger Zusammensetzung verwenden – oder können den Brenner im Wechsel befeuern. Durch diese große Flexibilität ebnet das System den Weg zum Umstieg von fossilen Energieträgern auf solche aus erneuerbaren Quellen – vor allem Wasserstoff. Dieses Gas lässt sich aus Wasser gewinnen. Wenn dazu etwa Wind- oder Sonnenstrom genutzt wird, ist der Wasserstoff weitgehend klimaneutral. Doch die Herstellung von solchem „grünem“ Wasserstoff ist bislang teuer und wird erst in kleinem Maßstab praktiziert. Bis er in ausreichender Menge zur Verfügung steht, um als ausschließlicher Wärmelieferant zu dienen, ist mit der neuen Brennertechnologie ein gleitender Übergang möglich. Während dieser Zeit können die Betreiber der Anlagen deren CO2- und NOx-Emissionen schrittweise reduzieren.
Erste Unternehmen in Deutschland setzen bereits auf die hocheffiziente und vergleichsweise saubere Technologie. So gewinnen die Stahlproduzenten Mannesmann und ThyssenKrupp seit Ende 2022 damit Wärme für einige ihrer Produktionsanlagen. Das weitere Marktvolumen für das System ist riesig. Denn allein in Deutschland werden derzeit rund zwei Millionen Industriebrenner mit Leistungen zwischen 25 und 300 Kilowatt betrieben, von denen mindestens jeder vierte direkt ausgetauscht werden könnte. Weltweit sind schätzungsweise rund 80 Millionen Brenner in Betrieb, mit einem Austauschpotenzial von 30 Prozent.
Durch den Einsatz der neuen Technologie ließe sich in Deutschland kurzfristig ein Prozent der gesamten industriellen CO2-Emissionen einsparen. Bei einem späteren Umstieg auf Wasserstoff als Brenngas wären es bis zu acht Prozent. Ähnlich groß ist das Einsparpotenzial beim Ausstoß von Stickoxiden – ein mehrfacher Gewinn für den Klimaschutz und die Gesundheit der Menschen.