Wenn es im Studium Probleme gibt, dann sind die Mitstudierenden oft die ersten Ansprechpartner zur Lösung. Peer-Support heißt das in der Wissenschaftssprache und meint die Unterstützung durch eine Person, die sich in derselben oder in einer ähnlichen Situation befindet. Und an den Hochschulen funktioniert dieses System normalerweise recht gut. Nur im Sommersemester 2020 war alles anders. Denn da blieb der Campus coronabedingt leer, Lernen fand vor dem Computer zu Hause statt. Schwierig für Lasse, 24, Mathematikstudent im zweiten Semester, der eine Lerngruppe zur Veranstaltung „Lineare Algebra II“ sucht, oder für Hannah, 23, die einige Verständnisfragen zum digitalen Material in der Vorlesung „Klinische Psychologie“ hat. Lasse und Hannah gibt es in Wirklichkeit nicht. Es sind zwei Musterstudierende, die als mögliche Anwender für die App „uniMatchUp!“ erfunden wurden.
Lernorte
Leichter lernen während der Pandemie

App wertet soziale Informationen aus

Wer sich in dieser App als Teilnehmer einträgt, hinterlässt in seinem Profil nicht nur Angaben, womit er sich im Studium auskennt. Er oder sie wird zusätzlich auch von anderen Teilnehmern bewertet, wie freundlich er im Umgang ist. Außerdem registriert das System, wer Anfragen im Forum wie schnell beantwortet. Musterstudentin Hannah, die akut Hilfe braucht, kann also bewusst nach besonders aktiven Teilnehmern suchen, Musterstudent Lasse, dem an einem guten Klima in seiner geplanten Lerngruppe gelegen ist, nach besonders netten. Außerdem nutzt die App die wissenschaftliche Erkenntnis, dass Lerngruppen mit unterschiedlichem Kompetenzniveau am effektivsten zusammenarbeiten, um automatisch mögliche Lernpartner vorzuschlagen.
„Wir hacken das digitale Sommersemester“
Auslöser für dieses nützliche Tool, das im November 2020 an den Start gegangen ist, war der bundesweite Hackathon zur digitalen Hochschulbildung #SemesterHack, veranstaltet von dem Hochschulforum Digitalisierung (HFD; siehe Kasten), dem KI-Campus und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) im Mai dieses Jahres. Ziel des Onlinearbeitstreffens war es, innerhalb von 36 Stunden Ideen und Lösungen für die Herausforderungen des digitalen Sommersemesters zu erarbeiten. Daniel Bodemer nahm mit zwölf Studierenden, zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern und der gemeinsamen Projektidee teil. Und innerhalb der kurzen vorgegebenen Zeit entstanden eine erste lauffähige Software und eine vorzeigbare Präsentation des Produktes. „Das Projekt hat so viel Fahrt aufgenommen innerhalb dieser 36 Stunden, dass ich wirklich beeindruckt war“, sagt der Hochschullehrer. Ohne den Hackathon, meint er, wäre das nicht möglich gewesen. Mit seinem Team hätte er vielleicht mal an einer Ausschreibung zum E-Learning an der Hochschule teilgenommen, „aber eben eher nebenbei“.
„Über sich selbst nachzudenken, sich selbst einzuschätzen, das hilft nicht nur anderen, sondern unterstützt auch bei der eigenen Lernplanung.“

Von der Idee bis zur App in sechs Monaten
Die drei Gewinnerprojekte überzeugten dadurch, dass sie während des Hackathons schon ziemlich konkrete Formen angenommen hatten. Und außerdem auch aus wissenschaftlicher Perspektive förderfähig waren, sagt Florian Rampelt vom Stifterverband. Das Konzept der „Group-Awareness-Informationen“ zum Beispiel, das hinter „uniMatchUp!“ steht, fußt auf Daniel Bodemers psychologischer Forschung zu Einflussfaktoren auf die Studienzufriedenheit. Mit der praktischen Umsetzung der App und der Evaluierung des Nutzerverhaltens sind jetzt zwei voll bezahlte Mitarbeiter und eine studentische Hilfskraft beschäftigt. Mit dieser Manpower konnte die Anwendung schnell an den Start gehen.
Ab November steht die App allen Studierenden in Duisburg-Essen zur Verfügung, die Veranstaltungen aus dem Fachbereich Betriebswirtschaft oder Informatik belegen. Spannend wird dann noch einmal, wie die Nutzer sie abschließend bewerten. Bodemer gibt zu, dass die Eingangshürden etwas höher sind, weil alle Teilnehmer zu Beginn erst einmal ihre eigenen Kompetenzen eintragen und bewerten müssen. „Aber das hat auch einen zusätzlichen positiven Effekt: Über sich selbst nachzudenken, sich selbst einzuschätzen, das hilft nicht nur anderen, sondern unterstützt auch bei der eigenen Lernplanung.“

Und weiter geht’s
Der #SemesterHack am 6. und 7. Mai 2020 diente gleichzeitig als Pre-Hackathon für ein globales Brainstorming. Das HFD veranstaltete am 12. und 13. November im Rahmen des globalen #DigiEduHack der Europäischen Kommission einen #SemesterHack 2.0 gemeinsam mit dem KI-Campus und dem DAAD.
Mehr zu den Ergenissen und eine Übersicht der prämierten Projekte gibt es hier.
