Jeans, T-Shirt, graue Wollmütze, Vollbart – rein optisch unterscheidet sich Andreas Lüttringhaus nicht von vielen seiner Kommilitonen. Seine 39 Jahre sieht man ihm nicht an, er wirkt locker zehn Jahre jünger. Doch der erste Eindruck täuscht – der Vater von drei Kindern blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Schon in puncto Schulabschluss brach er mit der familiären Tradition und machte nach der mittleren Reife sein Abitur. Danach ging er zunächst „auf Nummer sicher“ und entschied sich für eine Ausbildung in der Systemgastronomie. Nach mehreren Jahren in verschiedenen Großküchen, zuletzt als stellvertretender Produktionsleiter, stellte sich ihm jedoch die Sinnfrage: „Mir wurde klar, dass das nicht alles sein konnte“, erinnert er sich. „Die Mischung aus langen Arbeitszeiten und bescheidenem Gehalt brachte mich dazu, nach einer beruflichen Alternative zu suchen.“
Chancengerechtigkeit
Jenseits jeder Schublade

Doch wie sollte es beruflich weitergehen? „Während meiner Krankheit war ich oft richtig verzweifelt. Hilfe fand ich bei verschiedenen Beratungsangeboten der Stadt. Die Menschen dort haben mich immer wieder aufgebaut, mir Mut und Hoffnung gegeben. Das waren meine persönlichen Lichtblicke, die mich über Wasser gehalten haben.“
Tor zum Traumberuf

Als es ihm gesundheitlich besser ging, wurde Andreas Lüttringhaus klar, dass er solche Lichtblicke für andere schaffen wollte. So entdeckte er seinen Traumberuf: Sozialarbeiter. Doch dafür brauchte er einen Studienabschluss. Zunächst erschien ihm das utopisch. „Ich stamme aus bescheidenen Verhältnissen. Meine Eltern haben nicht studiert“, erklärt er. „Auch im Freundeskreis war ich der Einzige, der sich für ein Studium interessierte.“ Entsprechend verhalten reagierte sein Umfeld, was seine eigene Unsicherheit verstärkte: „Schaffst du das überhaupt? Bist du nicht viel zu alt? Was ist mit der Familie, wie sollen wir ein Studium finanzieren?“, fragte er sich.
Mut zur Veränderung

Fragt man ihn nach den größten Hürden, die man als Studienpionier bewältigen muss, hat er eine klare Antwort: „Das wissenschaftliche Arbeiten und die internen Abläufe an der Hochschule.“ Er selbst hat sich viele dieser Grundlagen selbst erschlossen. Abends, wenn die Kinder schliefen, setzte er sich intensiv mit Vorlesungsverzeichnis, Studienordnung und den Regeln wissenschaftlichen Arbeitens auseinander. Praktische Hilfe fand er zudem bei den vielfältigen Beratungs- und Informationsveranstaltungen des hochschuleigenen Förderprogramms für Studienpioniere. „Solche Angebote sollte man unbedingt in Anspruch nehmen“, sagt der künftige Sozialarbeiter. „Denn als Studienpionier muss man die Hürden des Hochschulalltags allein bewältigen. Eltern, Geschwister und die meisten Freunde können dabei nicht helfen, da sie ebenso wenig Erfahrung mit dem Hochschulbetrieb haben wie man selbst.
Und was rät Andreas Lüttringhaus potenziellen Studienpionieren noch? Mutig zu sein und es einfach zu versuchen mit dem Studium. „Man wächst an dieser Herausforderung und erschließt sich völlig neue Welten“, fasst er seine Erfahrungen zusammen. „Aber man verändert sich auch, was wiederum das Verhältnis zum bisherigen Freundeskreis, zu den Eltern und Geschwistern beeinflusst. Das muss man aushalten können.“
