„AI_VET - KI in der beruflichen Bildung“ – so lautet die erste Kursreihe auf der vom Stifterverband und von weiteren Partnern koordinierten Lernplattform KI-Campus, für die schon bald ein Micro-Degree erworben werden kann. Entwickelt hat das Zertifikat der Wirtschaftspädagoge Dirk Ifenthaler von der Universität Mannheim in Kooperation mit der Universität Stuttgart. Wer vier von ihm entwickelte modulare Micro-Credentials zum Thema KI in der beruflichen Bildung belegt und die Leistungskontrollen besteht, erhält das Micro-Degree. „Ein Hochschulabschluss allein reicht nicht mehr aus für das berufliche Leben. Die Idee der Micro-Degrees ist, das lebenslange Lernen zu dokumentieren. Das wird die Zukunft sein“, glaubt Ifenthaler.
Future Skills
„Ein Hochschulabschluss allein reicht nicht mehr aus für das berufliche Leben“


Auch in Deutschland steht das Thema bereits auf der bildungspolitischen Agenda: „Micro-Credentials können einen Beitrag dazu leisten, die Hochschulen stärker in den Wissenstransfer durch Weiterbildung einzubinden und so neue Erkenntnisse und Innovation in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, formulierte es der Bundesrat in einem Beschluss im Mai 2022. Die Bundesregierung hielt im Koalitionsvertrag fest, die Einführung von Micro-Degrees im Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung zu prüfen. „Menschen suchen nach Jahren der Berufserfahrung nicht mehr das mehrjährige Masterstudium oder umfassende Fortbildungen, sondern passgenaue Angebote, die sich mit ihrem Lebensalltag vereinbaren lassen. Micro-Degrees können auch kleinere Bildungsabschnitte transparent und qualitätsgesichert zertifizieren“, sagt Jens Brandenburg (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
„Ein Hochschulabschluss allein reicht nicht mehr aus für das berufliche Leben. Die Idee der Micro-Degrees ist, das lebenslange Lernen zu dokumentieren. Das wird die Zukunft sein.“

Sie weist allerdings auch auf Rahmenbedingungen hin, die aus HRK-Sicht zu beachten sind. „Micro-Degrees sollten nicht zu einem kompletten Hochschulabschluss zusammengefügt werden können. Die Summe von Kleinstteilen macht nicht zwingend ein komplettes akademisches Studium aus“, sagt sie. Dafür fehlten der soziale Kitt einer Hochschule und der kritische inhaltliche Diskurs mit Lehrenden und Mit-Studierenden, der eine akademische Persönlichkeit forme.
Eine große Herausforderung ist für Tippe das Thema der Qualitätssicherung und damit das der Akkreditierung: „Wir brauchen Kriterien, um die Qualität der Angebote von Micro-Degrees zu gewährleisten und sie vergleichbar zu machen“, sagt Tippe. Mit dem Akkreditierungsverfahren stünde den Hochschulen ein bewährtes Instrument zur Seite: „Wenn Hochschulen Module aus bereits akkreditierten Studiengängen nehmen und als Micro-Degrees anbieten, könnten diese als akkreditiert gelten“, nennt sie eine Möglichkeit. Für neue Micro-Degrees sei ein schlankeres Akkreditierungsverfahren notwendig. Wie dieses aussehen könnte, steht auch auf der Agenda einer neuen HRK-Arbeitsgruppe, die sich unter Tippes Vorsitz zum ersten Mal im Herbst treffen und Vorschläge für die Anerkennung und Anrechnung der Micro-Degrees erarbeiten will.
„Micro-Degrees sollten nicht zu einem kompletten Hochschulabschluss zusammengefügt werden können. Die Summe von Kleinstteilen macht nicht zwingend ein komplettes akademisches Studium aus. “

Doch dass es funktionieren kann, weiß wahrscheinlich keiner so gut wie Dirk Ifenthaler. Vor zehn Jahren forschte er als Direktor am Centre for Research in Digital Learning an der australischen Deakin University und stellte fest, dass Unternehmen einen hohen Bedarf an diesen Minizertifikaten haben. „Die Menschen wollen Grundlagen aus dem Studium auffrischen, neue Kompetenzen erwerben oder Lücken zwischen unterschiedlichen Kompetenzbereichen füllen“, sagt er. Seitdem verfolgt Ifenthaler die Idee der Micro-Degrees. Die australische Curtin University, wo er mittlerweile parallel zur Uni Mannheim lehrt, bietet deshalb schon seit einigen Jahren Micro-Degrees beispielsweise zum Thema Cyber Security an, die sehr gut gebucht werden. An der Universität Mannheim wird er nun mit dem Micro-Degree zur KI in der beruflichen Bildung, das auch über den KI-Campus angeboten wird, erstmals ein solches Kurzzertifikat bereitstellen: „Die Testphase des Micro-Degrees bedarf zunächst keiner umfassenden organisatorischen Veränderungsprozesse, da diese in bestehende Studiengänge integriert werden können“, nennt Ifenthaler Gründe dafür, warum die Umsetzung in Mannheim zügig erfolgt sei. Für ihn ist das erst der Anfang: Ifenthaler plant, ein weiteres Micro-Degree für Schulleitende anzubieten, die ihre Kompetenzen zur Digitalisierung und zur Personalplanung erweitern möchten. Läuft alles nach Plan, könnte es schon im Herbst so weit sein.
ZUKUNFT DER HOCHSCHULBILDUNG
Der Stifterverband hat die deutschen Hochschulen mit dem Hochschul-Bildungs-Report zehn Jahre lang auf sechs Handlungsfeldern beobachtet und zieht ein enttäuschendes Fazit: Die Richtung stimmt zwar, aber das Tempo der Veränderung ist verheerend langsam. Wie sich die Hochschulbildung verbessern lässt und was der Stifterverband in diesen Bereichen tut, können Sie hier auf MERTON nachlesen.
