Der alte Lehrmeister kommt einmal im Jahr bei Richard Göttlich vorbei, das ist inzwischen Tradition. Immer vor Weihnachten hält Göttlich eine öffentliche Vorlesung, und sein längst pensionierter Chemielehrer aus Gymnasialzeiten nimmt auf einem der Stühle im Hörsaal Platz. Dieser Moment ist für die beiden wie eine Zeitreise zurück in die 1980er Jahre an das Gymnasium in Gießen, an dem Richard Göttlich sich auf das Abitur vorbereitete und dem Lehrer ein kleines Wunder gelang: „Vorher war Chemie für mich ein absolutes Horrorfach“, sagt der Schüler von einst – und Eckart Müller, sein Lehrer, schaffte es, ihn dafür so zu begeistern, dass der Schüler von einst zum renommierten Chemie-Professor geworden ist.
Wer Richard Göttlich heute besucht, tritt in eine faszinierende Welt ein: Neu ist das Universitätsgebäude in Gießen, es bietet ausreichend Platz für ein helles Büro und, einmal quer über den Flur, eine Reihe von High-Tech-Labors. Zehn Labor-Arbeitsplätze hat das Team von Göttlich, an ihnen dreht sich alles um die organische Chemie. Mit Farbstoffmolekülen beschäftigen sich Richard Göttlich und seine Mitarbeiter derzeit und mit Alkylierungsmitteln, die in der Medizin als Werkzeug für beschädigtes Erbgut eingesetzt werden können.