Wissenstransfer

Strategien für besseren Wissenstransfer

Die Illustration zeigt ein Labyrinth. Es soll verdeutlichen, dass Hochschulen Strategien für den Wissenstransfer entwickeln müssen
Illustration: Irene Sackmann
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Hochschulen sind nicht nur Orte innovativer, exzellenter Forschung und Lehre. Als eine mindestens ebenso wichtige dritte Säule – die Third Mission  – hat der Transfer an Bedeutung gewonnen: Hochschulen sollen ihre wissenschaftliche Expertise einbringen, um gemeinsam mit Städten und Kommunen gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Transformationen wie den demografischen Wandel und den Klimawandel zu begleiten. Wissenschaftliche Expertise wird dabei durch das Praxiswissen und die konkreten Bedürfnisse von Akteurinnen und Akteuren außerhalb des Wissenschaftsbetriebs erweitert und ergänzt: – zum Beispiel wenn es um Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum, um Mobilität, Umweltschutz oder soziale Teilhabe geht.

Das Ziel ist, eine gemeinsame Transferstrategie mit Kooperationen auf Augenhöhe aufzubauen. Dazu gehört auch, Impulse aus der Gesellschaft als neue Fragestellungen für Forschung und Lehre aufzugreifen. Kooperationspartner für den Transfer sind dabei neben Unternehmen und Handwerkskammern kommunale Behörden sowie politische Institutionen, Vereine, Bürgerinitiativen, soziale Einrichtungen, Kultur- und Bildungseinrichtungen.

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Transformationslabor Hochschule

Was Hochschulen in der Zusammenarbeit mit ihrer Region bewirken können? Ein Interview mit Schirmherr Uwe Schneidewind.

Der Stifterverband fördert und begleitet Transferaktivitäten seit Jahren, um die Innovationskraft von Wissenschaft und Gesellschaft zu bündeln und damit zu stärken. Er hat unter anderem mit dem Programm Transformationslabor Hochschule, das Transferkooperationen von Hochschulen mit Städten und Kommunen fördert, einen wichtigen Impuls gesetzt.

Die Voraussetzungen für den Aufbau solcher Partnerschaften, aber auch für andere Transferaktivitäten sind, statistisch gesehen, gut: Laut dem Transferkompass des Stifterverbandes hatten 2021 58 Prozent der befragten Hochschulen eine Transferstrategie. Im Jahr 2013 waren es erst 28 Prozent. 

Dass viele in der Wissenschaft Tätige motiviert sind, ihr Wissen nicht nur in Form von Publikationen zu verbreiten, sondern auf Grundlage ihrer Expertise auch gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, belegt die aktuelle Studie „Transfer 1000“ von dem Fraunhofer IAO und der Technischen Universität Berlin. Demnach betrachten 79 Prozent der Befragten dies sogar als zentrale Aufgabe der Wissenschaft, 85 Prozent halten ihre Forschung für gesellschaftlich relevant.

Bei einem im November 2024 vom Stifterverband initiierten Vernetzungstreffen (siehe Kasten) der für Transferaktivitäten Zuständigen in Hochschulleitungen wurde deutlich: Eine Transferstrategie lässt sich nicht auf dem Reißbrett entwerfen, von der Hochschulleitung beschließen und in Kraft setzen, der Prozess muss vielmehr das gesamte Hochschulkollegium miteinbeziehen. Die Motivation der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler muss durch gezielte Anreize gefördert werden: etwa durch die Reduzierung von Lehrverpflichtungen, durch die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für Transferaktivitäten oder durch entsprechende Leistungsvereinbarungen bei Berufungen.

Die Hochschulen, die bei dem Transfertreffen ihre Strategien vorstellten, machten deutlich: Am Anfang muss die Analyse fachlicher Stärken der Hochschule stehen und die Frage, inwiefern sich diese als Transferfelder eignen. Es gibt kein One-fits-all-Modell – die Startbedingungen der Hochschulen unterscheiden sich, je nach fachlicher Ausrichtung und Größe. „Wichtige Faktoren für den Aufbau einer Transferstrategie sind, neben einer eigenen zentralen Hochschulabteilung für Transfer, die Ansiedlung des Themas bei der Hochschulleitung und ein partizipativer Prozess, der alle relevanten Stakeholderinnen und Stakeholder an der Hochschule, aber auch im regionalen Innovationsökosystem mitnimmt“, betont Marte Sybil Kessler vom Stifterverband. Sie leitet das Handlungsfeld „Kollaborative Forschung & Innovation“.

Porträt von Stefanie Molthagen-Schnöring Vizepräsidentin für Forschung, Transfer und Wissenschaftskommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Foto: Screenshot Stifterverband
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„Transfer kann nur dann innovativ sein, wenn verschiedene Perspektiven integriert werden.“

Stefanie Molthagen-Schnöring
Vizepräsidentin für Forschung, Transfer und Wissenschaftskommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

„Transfer kann nur dann innovativ sein, wenn verschiedene Perspektiven integriert werden“, sagt beispielsweise Stefanie Molthagen-Schnöring, Vizepräsidentin für Forschung, Transfer und Wissenschaftskommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin). Ihre Hochschule hat sich zu einer Verbundplattform („Zukunft findet Stadt“) mit anderen Hochschulen zusammengeschlossen, um jeweilige Stärken wie Entrepreneurshipberatung, Citizen Science oder Public Engagement in das Netzwerk einzubringen. 

Eine Herausforderung dabei: Eine Transferstrategie wirkt nur dann auf lange Sicht, wenn Transferprojekte verstetigt, das heißt personell und finanziell entsprechend ausgestattet sind. Viele ambitioniert gestartete Transferprojekte werden jedoch von Beschäftigten mit nur befristeten Verträgen betreut. Für eine Entfristung fehlt das Budget. Projektkoordinierende verlassen dann oft die Hochschule, was wiederum ein nachhaltiges Wissensmanagement und Kontinuität gegenüber Projektpartnerinnen und -partnern verhindert. „Wenn wir künftig einen Unterschied machen wollen, dann müssen wir personell verlässliche Strukturen aufbauen, um Transfer in die Breite zu tragen“, sagt Marte Sybil Kessler.  

Eine weitere Finanzierung hängt aber, wie bei vielen anderen Projekten auch, vom Erfolg eines Vorhabens ab. Bei Forschungsprojekten bemisst sich dieser an der Anzahl viel zitierter wissenschaftlicher Fachartikel. Doch wie misst man den oft erst mittel- bis langfristig spürbaren Erfolg von Transferaktivitäten? Axel Koch, Vorsitzender der TransferAllianz, empfiehlt ein Umdenken. „Den Erfolg zu messen – das geschieht eher nicht im Sinne von quantitativer Messung, dem Zählen von Ergebnissen, sondern eher qualitativ, im Sinne von Befragungen und begleitenden Studien“, sagt der Leiter des Geschäftsbereichs Transfer an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Folgt man dieser Empfehlung, dann muss es künftig mehr Journale und andere Medien geben, in denen Ergebnisse solcher Befragungen veröffentlicht werden – um eine breitere Aufmerksamkeit zu bekommen.

Gruppenbild der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Netzwerktreffens für die transferverantwortliche Leitungsebene an Hochschulen.
Foto: Jürgen Aloisius Morgenroth
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Hochschulen und Transfer

Im Netzwerk voneinander lernen

Der Stifterverband fördert den Wissens- und Technologietransfer an Hochschulen als eine wichtige dritte Säule neben Forschung und Lehre. Dazu gehört auch der Erfahrungsaustausch der Universitäten und Fachhochschulen untereinander sowie das Brainstorming und gemeinsame Definieren wichtiger Eckpfeiler einer gelungenen Transferstrategie.

Zur Dokumentation des Netzwerktreffens im Herbst 2024

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