Sabine Bendiek sieht Nachholbedarf bei der Digitalisierung

"Wir müssen sicherstellen, dass wir in Technologie investieren, die Anreize entsprechend setzen, dass wir digitale Souveränität und digitale Infrastrukturen tatsächlich schaffen."

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Sabine Bendiek (Video)
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Für Sabine Bendiek
, Mitglied des Vorstandes und Chief People and Operating Officer bei SAP, liegt der Schlüssel für erfolgreiche Innovationen insbesondere beim Thema Geschwindigkeit. Der Staat müsse seine Verwaltung stärker digitalisieren und damit beschleunigen – dies sei eine Voraussetzung dafür, dass Unternehmen Tempo aufnehmen könnten, wenn sie neue Technologien entwickeln. Aber auch die Wirtschaft selbst sollte sich besser vernetzen und Ökosysteme für Innovation schaffen, um gemeinsam schneller nach vorne zu kommen. Darüber hinaus müssten Unternehmen lebenslanges Lernen fördern und ihre Beschäftigten darin bestärken, offen für Neues zu sein.

Das Video entstand am Rande des Forschungsgipfels 2023 in Berlin.

 

Transkript des Videos

Die größten Hürden sind mit Sicherheit im Moment genau dieses Thema: Wie bekommen wir wirklich diese Verzahnung, die es uns erlaubt, Geschwindigkeit aufzunehmen? Weil wir haben in der Digitalisierung der Verwaltung einige Hürden, die uns durchaus langsamer machen, und da müssen wir einfach schneller werden - und genauso natürlich sicherstellen, dass wir auch die entsprechenden, ja, finanziellen Anreize setzen, die es ermöglichen für Unternehmen, auch gerade für kleinere Unternehmen oder für die Forschung, in die richtigen Themen zu investieren.

Gerade was Digitalisierung angeht, glaube ich: Ja, wir haben noch Nachholbedarf. Und ich glaube, den müssen wir wirklich alle gemeinsam anpacken. Und wenn man sich's anschaut, natürlich müssen wir aus der Politik die richtigen Rahmenbedingungen bekommen. Und, ja, wir müssen sicherstellen, dass wir in Technologie investieren, die Anreize entsprechend setzen, dass wir digitale Souveränität und digitale Infrastrukturen tatsächlich schaffen. Natürlich hat auch die Wirtschaft viel zu tun. Große Möglichkeiten für uns sind solche Themen wie Künstliche Intelligenz natürlich. Da sind wir als SAP sehr fokussiert darauf, sicherzustellen, dass wir wirklich ganz viele wichtige Anwendungsbeispiele zeigen und vor allen Dingen auch, wenn wir es uns anschauen, die Vernetzung der Wirtschaft wirklich voranzutreiben. Wir haben ja angefangen, wir kommen ja aus einem Geschäft, das sich Enterprise-Resource-Planning-Systeme nennt, das ist etwas, das war die Automatisierung, die Digitalisierung der Unternehmen. Was wir jetzt neu denken müssen, ist die Vernetzung der Unternehmen, die Digitalisierung der Unternehmen über die Unternehmensgrenzen hinweg, in Wertschöpfungsketten, um dann wirklich auch an Nachhaltigkeit arbeiten zu können, indem man wirklich die ganze Wertschöpfung versteht und eben auch die CO2-Footprints, die mit dieser Wertschöpfung verbunden sind und entsprechend auch managen kann. Prozesse zu innovieren, das sind die großen Themen, an denen wir arbeiten müssen. Und die Gesellschaft, jeder Einzelne hat auch eine Rolle, insbesondere wenn es um das Thema Lernen geht, lebenslanges Lernen, Bereitschaft, neu zu lernen, sich weiterzuentwickeln und dieses auch bei anderen zu unterstützen.

Ganz offensichtlich ist wirklich erstmal dieses Thema, dass Technologie eine wichtige Basisvoraussetzung ist, eben genau um Innovation zu schaffen und lebendige Ökosysteme wirklich zu schaffen. Ich hatte vorhin auch über die Vernetzung von Unternehmen gesprochen, ein sehr wichtiges, großes Thema wirklich bei diesem Thema Ökosysteme. Das zweite große Thema bei den Ökosystemen ist natürlich wirklich die Möglichkeit der engeren Zusammenarbeit großer Unternehmen und Start-ups. Weil natürlich müssen wir es schaffen, überall dort, wo Innovation entsteht, eben zu verstehen: Wie kriegen wir tatsächlich gemeinsam mehr PS auf die Straße? Wie schaffen wir es wirklich auch unseren Nutzern, die nächste Innovationsstufe wirklich möglich zu machen? So schnell wir möglich und nicht immer nur ausschließlich aus Eigenmitteln des einen Unternehmens tatsächlich erstellt. Und was in Summe an Technologie angeht, ich hatte vorhin kurz darüber gesprochen: Künstliche Intelligenz ist eine absolut wichtige und bahnbrechende Technologie. Wir müssen als Gesellschaft, als Staat, als Unternehmen wirklich verstehen: Wie gehen wir eigentlich mit diesen Modellen um? Wie nutzen wir denn tatsächlich KI in den entsprechenden Anwendungsfällen? Wie verbinden wir es mit den Produkten, die wir heute haben, um sie intelligenter zu machen, um sie nutzerfreundlicher zu machen und einfach auch kreativer zu machen? Und was ein weiterer ganz wichtiger Punkt ist: dass wir es schaffen müssen, tatsächlich besser zu werden. Wie schaffen wir wirklich Wert aus Daten, aus der Vernetzung von Daten, aus dem besseren, tieferen Verständnis von Daten, aus der Analyse, aus dem, was man neudeutsch Insights nennt, also wirklich den Erkenntnissen, die man wirklich aus der Betrachtung und Analyse von Daten gewinnen kann. Und das ist ein Thema, das können wir nicht ausschließlich auf Deutschland-Basis machen. Das müssen wir mindestens europäisch, aber eigentlich global denken.

Lebenslanges Lernen ist am Ende des Tages jetzt tatsächlich da, und wir müssen es mit Leben erfüllen. Das erfordert auf der einen Seite die individuelle Bereitschaft, dieses zu tun, sich damit zu beschäftigen, auch wirklich selber sozusagen seine Eigenverantwortung zu übernehmen. Auf der anderen Seite erfordert es natürlich absolut genauso, dass wir die Möglichkeiten schaffen, dass wir die Motivation schaffen, in den Unternehmen die Kultur schaffen, dass Menschen sich wohlfühlen, neue Dinge zu lernen, weil wir alle haben gelernt, dass über Zeit etwas neu zu machen, so ein bisschen mit Risiko behaftet ist. Und jetzt müssen wir es wirklich wieder schaffen, dass Menschen Freude daran haben, Dinge neu zu lernen, Dinge auszuprobieren und eben auch aus Fehlern, die sie dabei machen, wenn sie etwas neu machen, eben sich auch weiterzuentwickeln. Die Rolle des lebenslangen Lernens ... Allgemein müssen wir natürlich noch einmal zurückgehen zu: Was haben wir denn für Kompetenzen, die wir ausbilden? Und wo fangen wir mit welchen Kompetenzen an? Wenn wir schon im Grundschul- und Schulalter anfangen, machen wir, glaube ich, noch zu wenig, was wirklich digitale Kompetenz angeht. Weil ein ganz wichtiger Teil, eine wichtige Komponente dieses lebenslangen Lernens ist tatsächlich auch digitale Fähigkeiten, und zwar eben nicht nur reine Anwendungsfähigkeiten, sondern auch wirklich Verständnis von Konzepten. Und da müssen wir wirklich schon in Schulen besser werden. Wie vermitteln wir das eigentlich? Wie vermitteln wir eben nicht nur die Nutzung von digitalen Geräten, sondern wie vermitteln wir eben auch Grundkonzepte in einer einfachen, spielerischen Art? Um eben Kinder bereits heranzuführen, wie spannend es eigentlich ist, auch solche Themen wie MINT auch in der Vertiefung zu lernen und eventuell auch mal zu studieren. Ein weiterer Punkt, der dort reinkommt, ist natürlich auch das Thema: Wie befähigen wir auch die Lehrer entsprechend überhaupt diese Kompetenzen zu vermitteln? Und als letzter Punkt: Ein ganz wichtiges Thema ist, wir verlieren halt gerade immer noch zu viele Mädchen schon in der Schulzeit zwischen Sekundarstufe I und II, wo wir aus irgendeinem Grund es nicht schaffen, sie zu packen, ihr Interesse wirklich an MINT weiter aufrecht zu erhalten. Wo wir einfach wirklich über die gesellschaftliche Bedeutung die Anwendungsmöglichkeiten von Technologien deutlich stärker sprechen müssen, wo wir vor allen Dingen aber eben auch wirklich sicherstellen müssen, dass es Rollenmodelle gibt und dass es eben auch diese Vermittlung gibt: Warum ist das wirklich eine attraktive Möglichkeit, das Leben zu gestalten? Weil, ganz wichtiger Punkt, Frauen müssen an den Tisch, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden, und Digitalisierung bestimmt das Leben in so ziemlich jedem Aspekt.