Nina-Vanessa Warnecke blickt selbstbewusst in die Kamera. Sie erklärt, wie „Big Brothers and Sisters“ funktioniert, ein Patenprojekt an der Gesamtschule Weierheide in Oberhausen. Hier bilden die Kinder Trios aus vollintegrierten, teilintegrierten und Regelschülern und organisieren gemeinsam eine multikulturelle Spaßolympiade. „Wir fordern von ihnen ganz schön viel Arbeit und Anpassungsvermögen“, sagt Warnecke. Am Ende wird im Idealfall das angestrebte Ziel erreicht: der erfolgreiche Übergang von zugewanderten Kindern in den Regelschulbetrieb.
Lehrermangel
Machen MOOCS Schule?

Lehrfilme mit praktischen Tipps

Entstanden sind die Lehrfilme als Folge eines Forschungsprojekts aus dem Jahr 2016: Es setzte am Übergang von sogenannten Willkommensklassen oder internationalen Vorbereitungsklassen in den regulären Unterricht an. Teach First Deutschland wollte in Zusammenarbeit mit dem Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration herausfinden, wie zugewanderte Schüler diesen Schritt meistern und was ihnen dabei helfen könnte. Aus dem Wunsch, die wissenschaftlichen Erkenntnisse im Transfer auch für Praktiker zugänglich zu machen, sagt Susanne Frank, Senior Managerin bei Teach First Deutschland, entstanden dann im Jahr 2017 die ersten Lehrfilme, finanziell gefördert von der Haniel Stiftung und technisch umgesetzt durch die Lernplattform Lecturio.
Das Ergebnis sind knapp zwei Stunden Videomaterial. Die unterteilen sich in drei Module mit den Themen schulische und soziale Integration, Unterrichtsgestaltung sowie Kommunikation und Zusammenarbeit. Unterteilt sind sie wieder in kleinere Kapitel. Hier wechseln sich mündlich vorgetragene theoretische Informationen mit Interviews und Filmsequenzen ab, die den Zuschauer und die Zuschauerin mit in den Schulalltag nehmen: Schulleitungen kommen zu Wort und berichten von ihren Problemen, Fellows stellen ihre Projekte dar, die Kamera ist Zeuge im sprachsensiblen oder ritualisierten Unterricht. Gegenüber einem Seminar oder klassischem, textbasiertem E-Learning haben die MOOCs einen klaren Vorteil, meint Susanne Frank: „Sie sind deutlich handlungsorientierter als ein Fachartikel und ein ansprechender Weg, um Leute aus der Praxis zu erreichen.“
„Ich möchte gerne etwas zurückgeben, denn Bildung war meine Chance. “
Teach First Deutschland will die Videolerneinheiten im laufenden Schuljahr im Programm Echte Teilhabe! zur Ausbildung von Fellows einsetzen. Thuvaraka Thavayogarajah hat sie jetzt schon getestet. Die 33-jährige promovierte Biowissenschaftlerin war vorher in der Industrie tätig und ist seit einem Jahr als Fellow an der Gesamtschule Bad Lippspringe-Schlangen im Einsatz. „Ich möchte gerne etwas zurückgeben, denn Bildung war meine Chance“, sagt Thavayogarajah, deren Eltern vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka nach Deutschland geflüchtet sind.
In zwei Willkommensklassen trifft Thavayogarajah auf die ganze Vielfalt der Bedürfnisse: Da gibt es Schüler zwischen 10 und 15 Jahren, teilweise nur mit sprachlichen, teilweise auch mit großen fachlichen Lücken. Thuvaraka Thavayogarajah packt mit an beim Teamteaching, gibt Förderunterricht am Nachmittag, gestaltet eine Computer-AG und einen Einführungskurs Biologie. Das MOOC „Schule machen“, von dem sie während einer Fortbildung erfahren hat, ist dabei für sie ein nützliches Werkzeug, „weil man konkrete, praktische Anregungen bekommt“: zum Beispiel das Video, in dem eine Fellow berichtet, wie sie an ihrer Schule Lesepatenschaften am Nachmittag organisiert hat. „Ich überlege, so etwas in diesem Jahr auch an meiner Schule auszuprobieren.“
