An ihre erste Bewerbung in Deutschland erinnert sich Daria Kolmykova noch sehr eindrücklich: „Es kommt stark auf die Formalitäten an“, trichterte ihr ein Freund vorher ein, „bis hin zur richtigen Anrede muss alles passen!“ Ein paar Jahre liegt dieser Start in das Berufsleben im Bereich der digitalen Medien nun zurück, und inzwischen kann die junge Russin darüber schmunzeln. Jetzt engagiert sie sich an ihrer früheren Alma Mater, der Technischen Hochschule Brandenburg, für die jüngeren Studierenden, die in einer ähnlichen Situation sind, wie sie damals.
Dahinter steckt eine Herausforderung von großer Tragweite für den Standort Deutschland: Die ausländischen Absolventinnen und Absolventen, die hierzulande ein Fach aus dem Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (kurz: MINT) studiert haben, sind gefragte Fachkräfte. „Das ist eine sehr wichtige Gruppe“, bestätigt etwa Rainer Schmidt-Rudloff, der beim deutschen Mikrochip-Hersteller Infineon die Beziehungen zu den Hochschulen verantwortet. 200.000 MINT-Fachkräfte fehlen derzeit in deutschen Firmen – und viele Stellen ließen sich kaum noch besetzen, wenn es keine ausländischen Personen gäbe, die sich darauf bewerben.
Immerhin: Die Zahl der Studierenden wächst, und international liegt Deutschland auf Platz drei der Länder mit den meisten ausländischen Studierenden – hinter den USA und Großbritannien. „Dass die Zahlen steigen, verdanken wir vor allem den internationalen Studierenden“, sagt Infineon-Experte Schmidt-Rudloff, „und das gilt insbesondere im MINT-Bereich.“ In keinem anderen Fach ist ihr Anteil höher als in den Ingenieurwissenschaften, hat unlängst die Bertelsmann-Stiftung ermittelt: Die Quote dort liegt bei 25,6 Prozent. Diese Studierenden nach ihrem Abschluss im deutschen Arbeitsmarkt zu halten, ist zu einer Schlüssel-Herausforderung für die Wirtschaft geworden.