Katja Koch: Die Allianz für Lehrkräfte kommt zur richtigen Zeit

"Es wäre gut, wenn wir eine übergeordnete Einheit hätten, die als Stimme der Lehrkräftebildung abgestimmt auch mit den einzelnen Akteuren sprechen könnte. Das würde schon mal sehr viel Orientierung geben in dieser ganzen Diskussion."

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Katja Koch: Die Allianz für Lehrkräfte kommt zur richtigen Zeit (Video)
Katja Koch: Die Allianz für Lehrkräfte kommt zur richtigen Zeit (Video)
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Katja Koch, Vizepräsidentin für Lehrkräftebildung an der Technischen Universität Braunschweig, plädiert in diesem Video dafür, in der Ausbildung von Lehrern und Lehrerinnen stärker mit einer Stimme zu sprechen. Die verschiedenen Phasen der Lehrerausbildung müssen demnach besser miteinander verzahnt werden. Dazu braucht es gemeinsamen Austausch zwischen allen Beteiligten.

Eine Lehrkräftebildung aus einem Guss könnte dazu beitragen, die verschiedenen Logiken in Wissenschaftsministerien, Universitäten, Kultusministerien oder Studienseminaren zu überwinden oder idealerweise zu einem aufeinander aufbauenden Curriculum zusammenzufügen. Die Allianz des Stifterverbandes zur Lehrkräftebildung im Rahmen der Zukunftsmission Bildung könnte – so Katja Koch – einen wichtigen Resonanzraum in diesem Sinne bieten.

Interview und Videoproduktion: Corina Niebuhr, Webclip Medien Berlin

 

Transkript des Videos

Wir sind ja auch schon auf einem guten Weg, und wir sind schon auch halb über dem Berg drüber, so würde ich das mal sagen, weil wir schon viel Vorarbeit geleistet haben.

Also, ganz wichtig wäre es, dass wir eine Stimme der Lehrkräftebildung hätten, die für die Lehrkräftebildung sprechen kann. Momentan sprechen sowohl die einzelnen Phasen als auch noch unterschiedliche Akteure, die dann wiederum bestimmte Fachinteressen oder also wie die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft oder eben auch Gewerkschaften oder auch Gruppierungen der zweiten Phase und der dritten Phase, die sprechen immer aus ihrer eigenen Sicht heraus und gucken sich dann momentan den Lehrkräftemangel an und veröffentlichen dazu Positionspapiere. Und da wäre es eben gut, wenn wir eine übergeordnete Einheit hätten, die als Stimme der Lehrkräftebildung abgestimmt auch mit den einzelnen Akteuren sprechen könnte. Das würde schon mal sehr viel Orientierung geben in dieser ganzen Diskussion und die Allianz für Lehrkräftebildung könnte so ein Vorbereiter dieser übergeordneten Allianz sein, weil das dauert ja auch ein bisschen, bis man sich auf ein gemeinsames Ziel, auf die gemeinsame Strategie, auf die gemeinsamen Standards auch geeinigt hatte. Das ist ein Aushandlungsprozess, der sicherlich auch spannend ist, weil da ja auch durchaus unterschiedliche Ansprüche aufeinandertreffen. Auch geht es darum, Vertrauen aufzubauen und es wird auch durchaus immer die Frage sein, wie viel Verantwortung, wie viel Macht gebe ich dann eigentlich ab, im Sinne eines gemeinsamen Wegs.

Wir haben uns schon organisiert in unseren Interessensvertretungen, wir haben über die Qualitätsoffensive Lehrkräftebildung uns verständigt über bestimmte Standards, die notwendig sind, damit guter Unterricht gelingen kann. Wir wissen sehr viel aus der empirischen Forschung, was die Rahmenbedingungen sind. Also, wir fangen nicht bei null an und könnten dann eben auch, glaube ich, in einer relativ schnellen Diskussion zu einem Konsens kommen und einen verbindlichen Konsens darüber finden, was sind die unabdingbaren Standards für die drei Phasen der Lehrkräftebildung sind.

Also, eine der Schwierigkeiten der Lehrkräftebildung ist, dass die Übergänge zwischen den Phasen oftmals nicht so gut funktionieren. Ich glaube, zwischen der zweiten und der dritten Phase ist es nicht so das große Problem, aber zwischen der ersten und der zweiten. Ja, warum ist das so? In der Lehrkräftebildung ist vieles immer traditionell organisiert. Die Lehrkräftebildung an den Universitäten, die ist häufig organisiert über die Wissenschaftsministerien, die eigenen Logiken folgen eben auch für die Universitäten. Die zweite Phase ist organisiert über die Kultusministerien und über die Studienseminare, die auch wieder eigene Organisationsstrukturen und Ansprüche haben. Und die dritte Phase, die ist dann sehr stark eben auch durch die Berufspraxis geprägt und ist dann auch wieder abhängig von den Einzelschulen, Schulformen und Schularten, in denen man dann eben auch unterrichtet. Also, sozusagen ein historisches Konglomerat.

Das hängt eben auch damit zusammen, dass wir keine Lehrkräftebildung aus einem Guss haben, was bedeuten würde, dass wir eigentlich aufeinander aufbauende Curricula bräuchten. Also, wir müssten wissen, was ist sozusagen das, was man in der ersten Phase wissen, lernen muss, welche Kompetenzen braucht man da? Was ist die Aufgabe und der Auftrag der zweiten Phase? Wie passen diese Kompetenzen auch zueinander und was kann man dann in der dritten Phase gegebenenfalls auch noch nacherwerben über Fort- und über Weiterbildung? Und das ist noch nicht vorhanden. Und daher die Forderung, die Lehrkräftebildung aus einem Guss herzustellen.

Für zumindest den universitären Teil der Lehrkräftebildung war die Qualitätsoffensive Lehrkräftebildung ein wichtiger Punkt, weil wir dort einen regelmäßigen Ort hatten, wo wir uns immer wieder austauschen konnten über das, was gerade aktuell anliegt in der Lehrkräftebildung. Wir haben also festgestellt: Wir sind nicht einzelne Player an unseren Universitäten, sondern wir haben eigentlich die Probleme an allen Universitäten. Wir stehen alle vor den gleichen Herausforderungen, und wir haben unterschiedliche Wege gefunden, diese Herausforderungen zu lösen. Und wir konnten uns gut austauschen darüber, was sind gute Wege, was sind vielleicht auch die besten Wege, was kann man übernehmen? Mit dem Auslaufen der Qualitätsoffensive Lehrkräftebildung fehlt jetzt dieser Austauschraum, der auch mal Möglichkeiten zu strategischen Überlegungen gibt, und deshalb ist es auch gut, dass der Stifterverband genau in diese Lücke jetzt zu dieser Zeit hineinstößt und eben sagt: Mit dem Masterplan gibt es etwas, woran man sich orientieren kann. Man kann sich da auch abarbeiten dran. Man muss ja nicht allem immer zustimmen. Und man kann einen Raum finden, in dem man sich jetzt auch wieder verständigen kann. Darüber, wo wollen wir weiter hin, wie wollen wir die Lehrkräftebildung weiterentwickeln? Wie wollen wir auch die zweite und dritte Phase mit hineinnehmen? Und mit welchen Akteuren können wir da überhaupt rechnen und sprechen?

Die Überlegung, Nachhaltigkeit in die Projekte der Lehrkräftebildung zu kriegen, ist ja nicht neu. Also, wir haben sehr viele Reformprojekte, und eigentlich lebt die Lehrkräftebildung ja auch durch die Reform. Das ist auch das Schöne dabei. Also, die Anforderungen ändern sich immer, also muss sich die Lehrkräftebildung auch ändern. Ich würde mal sagen, das ist auch so ein Spezifikum. Das finde ich auch so spannend daran. Jetzt ist es aber so, dass man sich überlegen muss, wie schaffen wir es, bestimmte Projekte nachhaltig zu stellen. Und auch da könnte jetzt eine übergeordnete Dachgesellschaft helfen, zu sagen: Das sind die wichtigen strategischen Projekte für die Lehrkräftebildung für die nächsten zehn Jahre. Und für diesen Bereich versuchen wir dann Nachhaltigkeitsstrukturen zu schaffen. Also, wir haben Zentren für Lehrkräftebildung an den Universitäten aufgebaut. Wenn die neue Aufgaben bekommen, müssten die natürlich dann auch mehr finanzielle Zuwendung bekommen oder sie müssten etwas anderes lassen. Und da kann man dann über so einen Kollektivakteur eben auch deutlich machen: Was sind für die Lehrkräftebildung und für die Akteure der Lehrkräftebildung die wichtigen Momente? Also auch ein bisschen weg vom politischen Alltagsgeschehen mit einer langen Perspektive, das zu denken.