Birkenfeld ist Idylle pur. Das 7.000-Einwohner-Städtchen liegt am Naturpark Saar-Hunsrück im Dreieck Trier – Kaiserslautern – Saarbrücken, in der Grenzregion zwischen Saarland und Rheinland-Pfalz. Die nächste große Stadt ist eine Bahnstunde entfernt. Wer hier lebt, tut das aus Überzeugung. Wer hier studiert, auch. Denn drumherum ist nicht viel, was junge Menschen vom Lernen abhalten könnte.
Science Entrepreneurship
Nachhaltigkeit – ja, bitte!

Hochschulen sind zentrale Akteure, wenn es um Themen wie Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz geht. Der Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier zeigt seit mehr als 25 Jahren, wie man sich als Institution nachhaltig aufstellen kann – und ermutigt auch Studierende dazu, eigene nachhaltig agierende Unternehmen zu gründen wie der aktuelle Gründungsradar des Stifterverbandes zeigt.

Der Umwelt-Campus Birkenfeld, Standort der Hochschule Trier, zieht seit 1996 junge Studierende an, die Nachhaltigkeit und Umweltschutz in ihr Studium und in ihr späteres Berufsleben integrieren wollen. Viele der insgesamt 32 Bachelor-, dualen Bachelor- und Masterstudiengänge sind auf Nachhaltigkeit, Umweltmanagement, Umwelttechnik, Ressourcenmanagement oder Sozialunternehmertum ausgerichtet. Studien wie die Shell Jugendstudie belegen, dass dies immer mehr jungen Menschen nicht nur im Alltag, sondern auch bei ihrer Berufswahl wichtig ist.
Auf der UN-Konferenz von Rio de Janeiro 1992 waren Ziele für den Schutz der Umwelt und für nachhaltige Entwicklung formuliert worden – und der Umwelt-Campus Birkenfeld war der erste Hochschulstandort in Deutschland, der diese konsequent umsetzte. Er wurde dadurch deutschland- wie weltweit zum Vorbild.
25 Prozent der Hochschulen mit Nachhaltigkeitsstrategie
Der Stifterverband hat in seinem aktuellen Hochschul-Barometer untersucht, wie nachhaltig deutsche Hochschulen allgemein agieren – wie sehr sie ihre Strategie im Sinne der 2015 formulierten 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen ausrichten. Dabei kam heraus, dass 25 Prozent bereits über eine Nachhaltigkeitsstrategie verfügen, weitere rund 64 Prozent eine solche Strategie planen. Ein guter Trend, auch wenn noch Luft nach oben ist. Der Stifterverband berät und unterstützt Hochschulen deshalb auf dem Weg dorthin – etwa in Form von Workshops.

Man merkt Klaus Helling an, wie gerne er auf dem Campus Birkenfeld arbeitet – etwa, wenn er von dem besonderen Spirit berichtet, der auf dem in jeder Hinsicht grünen Areal herrscht, und wie viel die Studierenden selbst zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit beitragen. „Die Studierenden bepflanzen kleine Parzellen und ernten Obst und Gemüse, sie betreiben ein studentisches Nachhaltigkeitsbüro, eine Kleidertauschbörse und organisieren regelmäßig vegane Frühstücksrunden. Und wer Interesse hat, bekommt eine Einweisung, wie man ein eigenes Mini-Solarkraftwerk auf dem Balkon installieren kann“, zählt er auf und klingt dabei wie ein stolzer Vater, der von seinem Nachwuchs berichtet. Speziell die rund 650 Studierenden, die in Wohnheimen direkt auf dem Campus leben, wüssten es sehr zu schätzen, wenn sie zusätzlich zur Mensa-Versorgung ihre Speisezettel durch selbst gezogenes Gemüse bereichern können.
Förderung grüner Start-ups
Das erwähnte internationale UI-GreenMetric-Ranking zielt aber nicht nur auf Campus-Infrastrukturen, sondern auch auf Forschung und die Förderung grüner Start-ups. Ein zentrales, anwendungsbezogenes Forschungsthema auf dem Campus ist etwa mehr Nachhaltigkeit in der Informations- und Kommunikationstechnik: Die Projekte Green Coding und Greensoft beispielsweise beschäftigen sich mit ressourcenschonender und nachhaltiger Softwareprogrammierung und -entwicklung. Dass es das bekannte Umweltsiegel Blauer Engel der Bundesregierung seit ein paar Jahren auch für Software gibt, geht auf das Konto eines Birkenfelder Forschungsteams.
Auch haben sich in den zurückliegenden Jahren mehr als 20 grüne Start-ups gegründet, sagt Helling, hinzu kommen weitere von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Absolventinnen und Absolventen des Hochschulstandorts in Trier. Sie entstanden aus wissenschaftlichen Projekten, aus studentischen Abschlussarbeiten oder Promotionsprojekten: von der E-Auto-Vermietung über Mode aus recyceltem Plastikmüll aus dem Meer bis hin zu ressourcenschonender Prüftechnik im Leichtbau und Consulting für Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
„Unser Ziel ist es, dass sich jede Studentin, jeder Student wenigstens einmal mit dem Gedanken befasst, selbst ein Unternehmen zu gründen.“
Dass Gründungen aus Hochschulen immens wichtig für den Wirtschafts- und Innovationstandort sind, klingt zwar längst wie eine Binsenweisheit; dennoch brauche es nach wie vor Ermutigung und gezielte Ansprache in Lehrveranstaltungen, um aus Studierenden potenzielle Gründerinnen und Gründer zu machen, sagt Dietmar Bier, der das Gründungsbüro für die Hochschule Trier leitet. Finanziert wird es aus dem Hochschulhaushalt.
Typische Fragen sind: Was genau beinhaltet nachhaltiges Wirtschaften? Wie recherchiere ich meine Märkte, wie entwickle ich einen Businessplan? Wie komme ich an das nötige Startkapital? „Unser Ziel ist es, zu erreichen, dass sich jede Studentin, jeder Student wenigstens einmal mit dem Gedanken, selbst ein Unternehmen zu gründen, befasst“, sagt Bier. „Deshalb ist dieses Thema als curriculare Lehrveranstaltung in jedem unserer Bachelor- und Masterstudiengänge verankert, als Pflicht- oder Wahlpflichtveranstaltung.“
Und damit Ideen wie die von TENTA VISION auf keinen Fall verloren gehen, sondern in eine Gründung münden, können Doktorandinnen und Doktoranden, Absolventinnen und Absolventen der Hochschule und der Universität Trier einen besonderen Service in Anspruch nehmen: Sie haben die Möglichkeit, noch bis zu fünf Jahre nach ihrem Abschluss den Beratungsservice des Gründungsbüros zu nutzen.
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KOMPETENZEN FÜR NACHHALTIGKEIT
Der Stifterverband begleitet die Transformation in Wirtschaft und Wissenschaft und trägt dazu bei, dass Hochschulen und Unternehmen nachhaltiger agieren und die dazu notwendigen Kompetenzen frühzeitig an junge Menschen vermittelt werden. Wie er dabei agiert und welche Schwerpunkte er setzt, lesen Sie hier und in der MERTON-Artikel-Serie "Wie nachhaltiger Wandel gelingt".
