Der Stifterverband hat Parteien, die am 22. September 2024 bei der Wahl zum Landtag Brandenburg antreten, nach ihren Positionen befragt: Welche Ziele verfolgen sie in Bezug auf die Lehrkräfteausbildung?
Der Stifterverband dokumentiert die Antworten und ordnet sie ein:
Im Jahr 2030 fehlen laut Prognosen bundesweit bis zu 68.000 Lehrkräfte. In Brandenburg trifft es vor allem die Sekundarstufe I: Hier können voraussichtlich nur ca. 44 Prozent des Bedarfes gedeckt werden. Ein weiteres Problem ist, dass vielen Lehrkräften wichtige Zukunftskompetenzen fehlen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz, um gesellschaftliche Transformationsprozesse erfolgreich zu gestalten und ihre Schülerinnen und Schüler dazu zu befähigen.
Angesichts dieser bildungspolitischen Herausforderungen hat der Stifterverband die Allianz für Lehrkräfte im Rahmen seiner Zukunftsmission Bildung initiiert. Die Allianz arbeitet daran, die Lehrkräftelücke zu schließen und sicherzustellen, dass alle (angehenden) Lehrkräfte digitale und KI-Kompetenzen erwerben.
Im Rahmen der Allianz wurden deshalb alle im Landtag Brandenburg und im Bundestag vertretenen Parteien gefragt, welche Ziele sie in Bezug auf die Lehrkräftebildung verfolgen und mit welchen politischen Aktivitäten sie die Attraktivität und Qualität der Lehrkräftebildung steigern wollen. Das BSW hat unter Verweis auf die begrenzten Kapazitäten keine Antworten geschickt.
Alle Parteien, die geantwortet haben, sehen die Notwendigkeit, den Lehrkräftemangel zu bekämpfen. Dabei stehen die Schaffung bedarfsgerechter Ausbildungskapazitäten und die Gewinnung von Lehrkräften für den ländlichen Raum im Vordergrund, aber auch der Quer- und Seiteneinstieg und die Anerkennung internationaler Lehramtsabschlüsse sollen dabei helfen, den Lehrkräftebedarf zu decken. Eine stärkere Praxisorientierung bis hin zu einer Ausweitung des dualen Lehramtsstudiums soll die Attraktivität der Lehramtsausbildung erhöhen. Unstrittig ist, dass es Aus- und Fortbildungsangebote im Bereich Digitalisierung und KI geben muss. Allerdings sehen nur BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und mit Einschränkung die CDU die Notwendigkeit, diese Fortbildungen in einen verpflichtenden Rahmen zu stellen. Eine entsprechende Anpassung der Curricula des Lehramtsstudiums spielt für die Parteien insgesamt eine geringere Rolle.
Dringender Handlungsbedarf besteht in Bezug auf das Lehramt für die beruflichen Schulen. Für die beruflichen Fachrichtungen gibt es bisher kein grundständiges Studienangebot in Brandenburg, weshalb hier dringend entsprechende Studienkapazitäten aufgebaut werden müssten. Dabei bietet die konsequente Einbeziehung von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in die Ausbildung von Lehrkräften für berufliche Schulen aus Sicht des Stifterverbandes ein großes Potenzial, um neue Zielgruppen für dieses Lehramt zu erschließen. Es ist enttäuschend, dass mit Ausnahme der LINKEN keine Partei konkret in diese Richtung denkt.
Unbefriedigend sind die Antworten der Parteien auch hinsichtlich geplanter Maßnahmen zur Stärkung der Funktionsfähigkeit der Zentren für Lehrkräftebildung. Diese ist nach Auffassung des Stifterverbandes eine wesentliche Voraussetzung, um die Erfordernisse einer professionsadäquaten Lehrkräfteausbildung hochschulintern gegenüber den Interessen der Fachbereiche/Fakultäten wirksam durchzusetzen. Die Parteien unterstreichen zwar die Bedeutung der Zentren für die Sicherung der Qualität des Lehramtsstudiums; sie lassen aber nicht erkennen, dass sie eine institutionelle Stärkung der Zentren für erforderlich oder wünschenswert halten.
Ein Ausbau der Ausbildungskapazitäten, die Fortsetzung des Stipendienprogramms für künftige Lehrkräfte in den ländlichen Regionen und eine Ausweitung des dualen Lehramtsstudiums werden nicht ausreichen, um mittelfristig die Lehrkräftelücke in Brandenburg zu schließen. Die konsequente Umsetzung und eine ambitionierte Weiterentwicklung des im Juni 2023 veröffentlichten Zehn-Punkte-Plans "für eine bessere Lehrkräftebildung in Brandenburg" wären wünschenswert. Der Stifterverband appelliert an die künftige Landesregierung, in ihrem Arbeitsprogramm im Schulterschluss mit zivilgesellschaftlichen Akteuren und der Allianz für Lehrkräfte auszuloten, wie sich der Masterplan "Lehrkräftebildung neu gestalten" und die Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK zur "Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung für einen hochwertigen Unterricht" umsetzen lassen.
ist Programmleiterin für Hochschullehre, Lehrkräftebildung und Diversität.
T 0201 8401-103