Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Thüringen 2024

Frage 1: Welche konkreten Ziele verfolgen Sie in der kommenden
Legislaturperiode in Bezug auf die Lehrkräftebildung?

Die Linke Thüringen (Logo)

Wir wollen an unseren Plänen zum Umbau der Lehrerbildung in Thüringen weiterarbeiten. Das bedeutet inhaltlich: 

  1. Ersetzung einer schulartbezogenen durch eine schulformbezogene Ausbildung der LK 
  2. Erhöhung der Praxisanteile in der Ausbildung, vor allem Steigerung der Anteile der Didaktik und der Bildungswissenschaft an der Ausbildung zu Lasten der Fachwissenschaft, mehr und frühere Praktika, bessere Betreuung während der Praxisphasen
  3. Verankerung von Anteilen sonderpädagogischer Ausbildung an der Ausbildung jeder einzelnen Lehrkraft, Grundlagen in mindestens ein bis zwei Förderschwerpunkten
  4. Ausbau von Ausbildungsanteilen in Bezug auf die Digitalisierung von Lernprozessen an der Ausbildung jeder einzelnen Lehrkraft

Um nur die wichtigsten Ziele in diesem Bereich zu nennen.

 

SPD Thüringen (Logo)

Lehrer:innenmangel und Stundenausfall sind ein bundesweites Problem, vor dem auch Thüringen nicht verschont bleibt. Wir müssen daher in den kommenden Jahren alle Möglichkeiten nutzen, um die Schulen mit dem benötigten Lehrer:innenpersonal auszustatten und die Unterrichtsversorgung weiterhin in der Fläche aufrechtzuerhalten. Dafür ist eine grundlegende Reform der Lehrer:innenausbildung unumgänglich. Die derzeit schulartbezogene Ausbildungsform lässt trotz verschiedener in den vergangenen Jahren unternommener Verbesserungen des Laufbahn- und Besoldungsrechts keinen wirklich flexiblen und dauerhaften Einsatz von Lehrkräften über die Grenzen der Schularten hinweg zu. Unser Ziel ist es daher, ein Lehramt für die Sekundarstufe I und II einzuführen und damit die breite Einsatzfähigkeit des so ausgebildeten Personals sowohl an den Gymnasien als auch an den Regelschulen, Gemeinschaftsschulen und Gesamtschulen zu ermöglichen.

 

Bündnis 90/Die Grünen Thüringen (Logo)

Das Kernstück der Schulen bilden neben den Schüler*innen die Pädagog*innen. Wir müssen uns die Frage stellen, wie eine zeitgemäße, praxisorientierte Lehramtsausbildung und ein modernes Bild von der Rolle der Lehrer*innen aussehen sollen. Unser Ziel ist hier, die Lehramtsausbildung deutlich stärker auf den pädagogischen Alltag auszurichten. In diesem Zusammenhang wollen wir das Studium auf eine schulstufenbezogene Ausbildung umstellen. Das bedeutet, dass Lehrkräfte jeweils für zwei Schulstufen ausgebildet werden: Primarstufe und Sekundarstufe I oder Sekundarstufe II. Damit sind alle neu ausgebildeten Lehrer*innen in allen Schularten beider Schulstufen einsetzbar. Damit schaffen wir mehr Flexibilität für den Einsatz zukünftiger Lehrer*innen.

Auch die Ausbildung zu Inklusion und Sonderpädagogik wollen wir stärker in der Lehramtsausbildung verankern. Denn wir stehen für die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne besonderen Förderbedarf sowie mit und ohne Behinderungen von Anfang an. Damit wir die Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention angemessen umsetzen und das Recht auf individuelle Förderung und auf gemeinsames Lernen ermöglichen können, müssen die Pädagog*innen die nötigen Fertigkeiten im Studium erlernen und von sonder- und sozialpädagogischen Fachkräften im Schulalltag unterstützt werden.

Außerdem wollen wir pädagogische und praxisbezogene Komponenten im Studium deutlich stärken und die Ausbildung auf Querschnittsthemen wie Medienbildung, politische Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung verbessern. Dabei sind besonders die Lehrinhalte in der ersten Phase der Lehrer*innenausbildung zu überprüfen und anzupassen. Hier sollte ein stärkerer Fokus auf Fachdidaktik, Bildungswissenschaften, Förderpädagogik und frühzeitige Praxisintegration gelegt werden, während fachspezifische Anforderungen auf spätere Lehrinhalte konzentriert werden.

Durch den Ausbau der Studienberatung und die Überprüfung der Angemessenheit der fachspezifischen Anforderungen wollen wir die Abbruchquoten des Studiums deutlich verringern und Zugangshürden abbauen. Auch während des Referendariats und im Berufseinstig wollen wir angehende Lehrer*innen besser betreuen, um die vielfältigen Herausforderungen des modernen Lehrberufs gut meistern zu können.

Lehrer*innen benötigen die bestmögliche Aus-, Fort- und Weiterbildung. Ihre Aufgaben gehen weit über das Unterrichten hinaus: Digitalisierung, individuelle Förderung und demokratische Bildungsarbeit sind essenziell. Angesichts des Fachkräftemangels sind neue Ansätze für den Einsatz von Lehrkräften und die Nachqualifizierung von Quereinsteiger*innen notwendig. Lehrkräfte müssen kontinuierlich praxisnahe und zeitgemäße Qualifikationen erhalten, um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein. Daher ist eine Modernisierung und Stärkung der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte und sonderpädagogischen Fachkräfte in Thüringen unerlässlich. Dazu gehört für uns neben den bereits beschriebenen Zielen:

  • Integration moderner Unterrichtsmethoden im digitalen Zeitalter und Berücksichtigung der KMK-Strategie "Bildung in der digitalen Welt" in Theorie und Praxis der Lehrerausbildung
  • Sicherstellung eines nahtlosen Übergangs von der ersten zur zweiten Ausbildungsphase durch enge Zusammenarbeit von Hochschulen, 
    Landesprüfungsamt, Studienseminaren und Ausbildungsschulen
  • Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität des Lehramts an Berufsschulen und Prüfung der Notwendigkeit eines Zentrums für die Lehramtsausbildung an berufsbildenden Schulen, um den Fachkräftebedarf zu decken
  • Entwicklung neuer Ansätze zur Gewinnung von Studienanfänger*innen in Mangelfächern und im Lehramt für Grundschule, Regelschule und Förderpädagogik, einschließlich flexibler Teilzeitregelungen in der ersten Ausbildungsphase

 

CDU Thüringen (Logo)

Wir wollen die Lehrerausbildung an den Universitäten und Hochschulen weiterentwickeln, Zulassungsbeschränkungen abschaffen und die Zahl der Studienabbrecher reduzieren. Darüber hinaus werden wir uns dafür einsetzen, Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Lehrkräften, einschließlich einer Reduzierung der Arbeitsbelastung und einer besseren Unterstützung durch administrative Kräfte, zu ermöglichen.

FDP Thüringen (Logo)

Wir Freien Demokraten wollen die Strukturen der Thüringer Lehrerbildung reformieren. Ziel ist, den Ansprüchen einer modernen Lehrkräfteausbildung gerecht zu werden. Wir setzen dabei auf die Ausweitung der dualen Studienoption. Seiteneinsteiger möchten wir über ein berufsbegleitendes Aufstiegsstudium bereits vorm Einsatz in der Schule qualifizieren. In der dritten Phase der Lehrerbildung werden wir die Aufgaben des ThILLM neu strukturieren und das Budget für schulinterne Fortbildungen erhöhen.

 

 
Bei den Texten handelt es sich um Originalantworten, die die Parteien vor der Wahl zum Thüringer Landtag am 1. September 2024 auf Fragen des Stifterverbandes zur Bildungspolitik eingereicht haben. Es wurden alle Parteien angeschrieben, die aktuell im Landtag oder im Bundestag vertreten sind. Leider sind nicht alle Parteien der Bitte des Stifterverbandes nachgekommen und haben die Wahlprüfsteine beantwortet, ohne dass sie dafür Gründe genannt hätten.

 

EINE EINORDNUNG AUS SICHT DES STIFTERVERBANDES

Die Parteien verfolgen recht unterschiedliche Zielsetzungen. Die bisherigen Regierungsparteien haben eine klare Agenda und wollen die bisherigen schulformbezogenen Lehrämter durch schulstufenübergreifende Lehrämter ersetzen, um die Flexibilität und Einsetzbarkeit der Lehrkräfte zu erhöhen. Darüber hinaus beabsichtigen sie eine Stärkung der praxisbezogenen Komponenten sowie eine stärkere Verankerung von Querschnittskompetenzen, insbesondere hinsichtlich Digitalisierung und Inklusion. Demgegenüber nennt die CDU  die Abschaffung von Zulassungsbeschränkungen, die Erhöhung des Studienerfolgs und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Lehrkräften; die FDP nennt die Ausweitung dualer Studienmodelle und ein berufsbegleitendes Studium für Seiteneinsteigende. Außerdem soll das ThILLM neu strukturiert werden.

Insgesamt adressieren die Parteien aktuelle Herausforderungen in der Lehrkräftebildung; teilweise sind die Zielsetzungen jedoch etwas eklektisch. Es bleibt abzuwarten, inwiefern diese Ziele Eingang in das künftige Regierungsprogramm finden werden.