Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Thüringen 2024

Frage 3: Welche spezifischen Maßnahmen beabsichtigen Sie, um neue Zielgruppen für Lehramtsstudiengänge zu gewinnen?

Die Linke Thüringen (Logo)
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Die Partei DIE LINKE hat sich in Thüringen für die Heranführung der Gehälter der Grundschul- und der Regelschullehrer an die der Gymnasiallehrer eingesetzt und damit Erfolg gehabt. Wir haben mit den Kollegen bei RRG für eine Lehrergewinnungskampagne geworben, und auch diese ist in die Realität umgesetzt worden. Wir haben die vom Ministerium angestoßenen Prozesse zu einer Neuaufstellung der Studienseminare unterstützt und haben dazu beigetragen, dass Ausbildung mehr in die Fläche kommt und Wege für LAA kürzer werden. Wir haben im Bildungsausschuss des Landtages, durchaus auch gemeinsam mit der Opposition, Fragen der Verbesserung der Unterstützung für Seiteneinsteigende diskutiert und hier beim TMBJS auch Reaktionen erreicht. Weitere konkrete Ideen sind nach der Landtagswahl von uns zu erwarten.

 

SPD Thüringen (Logo)
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Thüringen muss endlich mehr Lehrer:innen für Mangelfächer gewinnen. Dies kann erreicht werden, indem wir in Mangelfächern Studierende bereits mit Aufnahme des Studiums in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf analog zu den Referendar:innen berufen. So unterstützen wir die Studierenden bei ihrem Lebensunterhalt und gleichzeitig können wir gemeinsam mit den Hochschulen bereits im Studium vermehrt schulpraktische Ausbildungsabschnitte integrieren.

 

Bündnis 90/Die Grünen Thüringen (Logo)
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Neue Zielgruppen für Lehramtsstudiengänge anzusprechen, halten wir für notwendig. Aus unserer Sicht können eine Reihe von Maßnahmen auch für Thüringen geprüft werden. Dazu gehört die verstärkte Einbindung von Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) in die Lehrkräftebildung, insbesondere für berufliche Fachrichtungen. Diese Hochschulen könnten Personen ansprechen, die bereits eine Berufsausbildung absolviert haben und mit dem Bildungssystem vertraut sind. Mit der Anerkennung von Studienabschlüssen an Fachhochschulen für den Seiteneinstieg haben wir bereits einen ersten Schritt zu Erweiterung der Zielgruppen in Thüringen gegangen. 
Zusätzlich möchten wir gezielt Seiteneinsteiger*innen, die bereits andere Berufsabschlüsse haben und insbesondere Personen mit Migrationshintergrund ansprechen, indem wir flexible und berufsbegleitende Studienmodelle sowie spezielle Informations- und Beratungsangebote anbieten. Dies soll den Zugang zum Lehrberuf erleichtern und die Vielfalt in den Schulen fördern.

Um mehr Menschen für ein Lehramtsstudium zu begeistern, müssen wir aber auch den Beruf der Lehrkraft attraktiver machen. Dafür brauchen wir gute Arbeitsbedingungen, attraktive Aufstiegsmöglichkeiten, durchschnittlich kleine Klassenstärken sowie eine spürbare Entlastung durch multiprofessionelle Teams und pädagogische Assistenzen in den Schulen. Außerdem muss endlich das EuGH-Urteil umgesetzt und damit die Arbeitszeit von Lehrer*innen vollständig erfasst werden – wie in jedem anderen Job auch. Auch ein neues, modernes Rollenverständnis von Lehrkräften als im Team arbeitenden Lernbegleiter*innen kann helfen, Menschen zu gewinnen, die sich diesen Beruf bisher nicht vorstellen konnten.

Leider hängt auch der Zugang zu einer Hochschule heutzutage noch immer von strukturellen sozialen Faktoren ab. Es sind besonders die Menschen benachteiligt, die ihren Abschluss über den zweiten Bildungsweg gemacht haben, deren Eltern nicht studiert haben oder die einen migrantischen Hintergrund haben. Zu häufig ist die Möglichkeit, ein Studium aufnehmen zu können, noch an den Geldbeutel der Eltern gekoppelt. Das wollen wir ändern, indem wir die Hürden und formellen Anforderungen im Zugang zum Studium evaluieren und abbauen sowie Eignung als Zulassungskriterium weiter stärken. Außerdem wollen wir Studierende, deren Eltern selbst nicht studiert haben, besser unterstützen.

 

CDU Thüringen (Logo)
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Wir wollen den Praxisbezug im Studium erhöhen, früher Kontakt mit Schülern herstellen und die Möglichkeiten für ein duales Lehramtsstudium schaffen, um damit neue Zielgruppen anzusprechen. Übergeordnetes Ziel muss es sein, mehr Lehrerinnen und Lehrer für unsere Schulen zu gewinnen. Wird das Berufsbild attraktiver so steigt auch die Attraktivität des Studiums. Deshalb werden wir stärkere Anreize für Lehrkräfte schaffen und ein rechtssicheres Aufstiegs-, Zulagen- und Beförderungssystem einführen, das Engagement belohnt und damit Leistungsanreize schafft. Das von der CDU Thüringen durchgesetzte Zulagensystem für Lehrerkräfte in Mangelfächern und im ländlichen Raum werden wir weiterentwickeln. Außerdem wollen wir das Laufbahnrecht flexibilisieren, um Gymnasiallehrern unkompliziert den Einsatz an Regelschulen und umgekehrt zu ermöglichen. Die Benachteiligung von Fachpraxislehrern werden wir beenden und eine angemessene Bezahlung sicherstellen.

 

FDP Thüringen (Logo)
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Wir wollen vor dem Hintergrund der aktuellen Bildungsherausforderungen jeder und jedem, der an Schule tätig werden möchte und die nötigen Qualifikationen mitbringt, eine Mitarbeit an unseren Schulen ermöglichen. Gerade Personen, die bereits im Berufsleben angekommen sind, wollen wir mit einem berufsbegleitenden Studium das umsatteln in den Bildungsbereich ermöglichen.

 


Bei den Texten handelt es sich um Originalantworten, die die Parteien vor der Wahl zum Thüringer Landtag am 1. September 2024 auf Fragen des Stifterverbandes zur Bildungspolitik eingereicht haben. Es wurden alle Parteien angeschrieben, die aktuell im Landtag oder im Bundestag vertreten sind. Leider sind nicht alle Parteien der Bitte des Stifterverbandes nachgekommen und haben die Wahlprüfsteine beantwortet, ohne dass sie dafür Gründe genannt hätten.

 

EINE EINORDNUNG AUS SICHT DES STIFTERVERBANDES

Alle Parteien sehen die Notwendigkeit, neue Zielgruppen zu gewinnen, um den Bedarf an Lehrkräften zu decken. Dazu schlagen sie unter anderem verschiedene monetäre Anreize vor, teilweise dezidiert für Mangelfächer, um dadurch die Attraktivität des Studiums bzw. des Berufs zu erhöhen.

Ohne die Gewinnung neuer Zielgruppen wird sich der Lehrkräftebedarf auf absehbare Zeit nicht wirksam bekämpfen lassen. Aus Sicht des Stifterverbandes sind eine Öffnung der Zugangswege zum Lehrkräfteberuf und eine gezielte Ansprache bisher unterrepräsentierter Personengruppen (unter anderem internationale Lehrkräfte, Personen mit Berufserfahrung in anderen Berufen) der zentrale Hebel, um neue Zielgruppen zu gewinnen. Hierin sehen allerdings nur wenige Parteien einen wichtigen Hebel.