Wir sehen mit Blick auf den nach wie vor hohen Bedarf an grundständigen ausgebildeten Lehrkräften Veränderungsbedarf im Bereich der Lehramtsausbildung, der sich auf eine stärkere Konzentration auf pädagogische und didaktische Kompetenzen richten muss, um den Studienerfolg im Hinblick auf den bestehenden Bedarf zu verbessern. Über die konkrete Ausgestaltung und Fortentwicklung der Curricula werden wir frühzeitig in der kommenden Legislaturperiode in den fachlichen Austausch mit den lehrerausbildenden Hochschulen treten und den konkreten Anpassungsbedarf definieren. Auch uns befriedigt die aktuelle Situation nicht.
Wir wissen, dass das Thema Lehrermangel eins der am häufigsten genannten Probleme ist, die in Wahlumfragen benannt werden. Mit Bündnisgrünen in der Regierung ist sichergestellt, dass städtische und ländliche Räume gleichermaßen berücksichtigt werden - so wurde erst mit Grüner Regierungsbeteiligung die Lehrkräftebildung zurück in die ländlichen Räume gebracht. Unserer Überzeugung nach müssen Lehrkräfte dort ausgebildet werden, wo sie gebraucht werden. Wir werden die Lehrkräftebildung in allen Phasen deshalb weiter regionalisieren, um auch im ländlichen Raum Pädagog*innen in ausreichender Zahl aus-, fort- und weiterzubilden und den Unterricht absichern zu können. Wir unterstützen Modellprojekte wie "Schule bewegt Sachsen" der TU Dresden, bei dem Lehramtsstudierende semesterbegleitend einmal wöchentlich an einer Schule in der Oberlausitz Praxiserfahrung sammeln - und dabei gleichzeitig helfen, Unterrichtsausfall zu vermeiden. Bisher wurde die Lehramtsausbildung insbesondere quantitativ ausgeweitet und es wurden nach Beschluss der Koalitionsfraktionen mehrere Modellstudiengänge aufgelegt. Wir BÜNDNISGRÜNE wollen in der kommenden Legislaturperiode unseren Vorschlag für ein Lehrkräftebildungsgesetz erneut auf den Tisch legen und die Qualität der Lehrkräftebildung in den Blick nehmen. Die Lehramtsstudiengänge sollen entsprechend unseres Vorschlags von gleicher Qualität und Dauer sein und sich an Schulstufen und nicht an Schularten orientieren, um den Einsatz von Lehrkräften zu flexibilisieren. Es gilt, das Förderschullehramt zu einem Lehramt für inklusive Pädagogik weiterzuentwickeln und gleichzeitig verpflichtende inklusionspädagogische Module in allen Lehramtsstudiengängen zu verankern. Insgesamt streben wir eine größere Praxisnähe der Lehrkräftebildung an. Praxisphasen im Studium sollten früher einsetzen und gut begleitet werden. Mindestens ein längeres Blockpraktikum oder ein Praxissemester sollte fester Bestandteil jedes Lehramtsstudiums sein. Analog zur grundständigen Lehramtsausbildung wollen wir auch die wissenschaftliche Qualifizierung (berufsbegleitendes Aufbaustudium) von Seiteneinsteiger*innen in einem Lehrkräftebildungsgesetz regeln.
Der Freistaat Sachsen leidet bereits seit vielen Jahren unter einem gravierenden Lehrkräftemangel. Neben der demographischen Entwicklung liegen dessen Ursachen auch in einer rigiden Sparpolitik der 2010er Jahre. In den letzten zehn Jahren hat die SPD in der Regierung zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das sächsische Bildungssystem zu stärken und zukunftsfest zu machen. So wurde die Zahl der Studien- und Referendariatsplätze mehr als verdoppelt, die Zahl der Stellen und Einstellungen deutlich erhöht. Unterstützungssysteme wie Schulassistenz und Schulsozialarbeit wurden eingeführt und über die Jahre erheblich ausgebaut. Um den Lehrerberuf attraktiver zu gestalten, wurde eine gleiche Bezahlung für alle Schularten eingeführt, zudem werden zusätzliche Zulagen gewährt. In den nächsten fünf Jahren wollen wir die Schulassistenz und Schulsozialarbeit flächendeckend ausbauen und den Schulen mehr Gestaltungsspielraum durch eigene Budgets geben. Um mehr Lehrer:innen einstellen zu können, behalten wir die hohen Ausbildungskapazitäten von 2.400 Lehramtsstudienplätzen an den drei Universitäten bei und setzen den Kurs zur Regionalisierung der Lehrkräftebildung fort. Mit einem Lehrkräftebildungsgesetz schaffen wir den rechtlichen und strukturellen Rahmen für ein zeitgemäßes Lehramtsstudium und werden dabei Modelle wie das Ein-Fach-Lehramt, das duale Lehramtsstudium und den Lehramts-Master berücksichtigen. Die Studieninhalte und das Referendariat gehören auf den Prüfstand – mehr Bildungspraxis, weniger Fachwissenschaft sowie die Integration des Referendariats ins Studium und eine frühzeitige bezahlte Praxiserfahrung und Möglichkeit zum Teamteaching sind unsere Ziele.
Wir setzen uns für eine Neustrukturierung der Lehramtsausbildung ein. Die Ausbildung sollte in die Phasen Studium, Berufseinstieg und Weiterbildung umstrukturiert werden. Das Studium wird so umgestaltet, dass die Prüfungs- und Arbeitslast für die Lehramtsstudierenden gesenkt wird. Zudem soll die starre Fächerkultur im Lehramtsstudium enden, um durch transdisziplinäre Herangehensweisen besser aufgestellt zu sein. Fachwissenschaft und Fachdidaktik sollen im Studium aufeinander aufbauen - denn Didaktik ist in der Wissensvermittlung keine Nebensache. Lehrkräfte werden außerdem nach Schulstufen statt nach Schularten ausgebildet, damit sie flexibel für die jeweiligen Altersstufen einsetzbar sind. Junge Menschen, die heute Lehrkraft werden wollen, brauchen Flexibilität und Chancen für ihre persönliche Entwicklung. Um das Lehramtsstudium insgesamt stärker an der Praxis auszurichten, müssen Praxisphasen frühzeitig ins Lehramtsstudium integriert werden. So kann erworbenes Wissen direkt angewandt, erprobt und evaluiert werden. Am Ende sollen Lehrkräfte keine fachwissenschaftliche Karriere absolvieren, sondern bestmöglich Wissen und Kompetenzen vermitteln. Das wäre der richtige Fokus für das Studium. Lehramtsstudierende sollen zudem in den Praxisphasen in ländlichen Raum stärker finanziell unterstützt werden (zum Beispiel: Bereitstellung von Wohnraum und Erstattung von Fahrtkosten). Durch die Schaffung von Außenstellen der Lehrkräftebildung in Ost- und Westsachsen werden die Betreuung während der Praxisphasen sowie vereinzelte Seminare in Wohnortnähe abgesichert. Auf diese Weise können wir Lehrkräfte besser für die Regionen in Sachsen gewinnen, in denen der Lehrkräftemangel am gravierendsten ist.
Wir werden uns einsetzen für:
● Senkung der Ausfallstunden
● massive Nachwuchsgewinnung und damit Abbau des Lehrermangels
● Änderung der Lehrpläne zu wieder mehr Fachinhalten im Verhältnis zur Vermittlung von Kompetenzen
● Veränderung des Lehramtsstudiums => Ausblick duales Studium
Bei den Texten handelt es sich um Originalantworten, die die Parteien vor der Wahl zum Sächsischen Landtag am 1. September 2024 auf Fragen des Stifterverbandes zur Bildungspolitik eingereicht haben. Es wurden alle Parteien angeschrieben, die aktuell im Landtag oder im Bundestag vertreten sind. Leider sind nicht alle Parteien der Bitte des Stifterverbandes nachgekommen und haben die Wahlprüfsteine beantwortet, ohne dass sie dafür Gründe genannt hätten.
EINE EINORDNUNG AUS SICHT DES STIFTERVERBANDES
Die Antworten der Parteien unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Konkretisierung. Der Fokus liegt teilweise auf einer Umstrukturierung der bisher schulformbezogenen Lehrämter zu schulstufenbezogenen Lehrämtern, um die Flexibilität und die Einsetzbarkeit der Lehrkräfte zu erhöhen, einem früheren und stärkeren Praxisbezug sowie der Unterstützung von Lehramtsstudierenden im ländlichen Raum.
Alle Parteien sind sich der aktuellen Herausforderungen bewusst und lassen die Bereitschaft zu grundlegenden Reformen erkennen. Erfreulich ist, dass diese nicht allein darauf abzielen, den Mangel an Lehrkräften zu bekämpfen, sondern gleichzeitig die Qualität der Lehrkräftebildung zu erhöhen.
DIE WEITEREN FRAGEN AN DIE PARTEIEN UND DEREN ANTWORTEN